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Zu Besuch beim orthopädischen Schuhmacher

Auf der Suche nach dem "perfekten Schuh" durfte ich in die Werkstatt meines Musikerkollegens und orthopädischen Schuhmachers Herbert Postl in Mödling schauen und ein Interview mit ihm führen:

 

M: Lieber Bertl, was ist die Tätigkeit eines orthopädischen Schuhmachers?

B: Die Herstellung von Einlagen, spezielle Schuhzurichtungen und die Anfertigung von orthopädischen Maßschuhen. Wobei Einlagen nur einen sehr kleinen Prozentsatz unserer Tätigkeit ausmachen. 

 

M: Was versteht man unter einer Schuhzurichtung?

B: Hierbei handelt es sich um Anpassung von schon vorhandenen Schuhen an die speziellen Bedürfnisse der Träger. Längenausgleiche, Fußbett adaptieren, Rollen anbringen, Pufferabsätze anfertigen, Schaftversteifungen.

 

M: Längenausgleiche sind klar, aber was heißt Rollen?

B: Rollen werden an der Sohle aufgebracht und machen aus dem Schuh eine Art "Löschwiege." Die Abrollung des Fußes wird unterstützt. Man bringt die Rollen dort an, wo Probleme sind. Bei einem Hallux limidus, Großzehengrundgelenk ist versteift, wird sie dort angebracht. Auch bei Spastikern kann eine Rolle, die eine Streckung der Zehen forciert, die Spastik im Fuß senken.

 

M: Waren die MBT Schuhe nach diesem Prinzip?

B: Die MBT Schuhe werden nicht mehr produziert, aber hatten eine Rolle. Was günstig für den Rücken und die Hüfte war, ist aber nicht immer gut für Knie und Füße. Gehen im Gelände mit diesen Schuhen war nicht so gut.

 

M: Was hältst Du von Schuhen mit Minus-Absatz? 

B: Diese Art von Schuhen fördert nicht die funktionelle Abrollbewegung des Fußes. Der Schwerpunkt ist sehr weit hinten, die Achillessehne wird überbeansprucht etc. .

 

M: Was meinst Du zu Barfußschuhen?

B: Barfußschuhe sind sehr gut im Gelände, aber nicht zum längeren Gehen auf festem Untergrund geeignet. Sie sind ein Trainingsschuh.

 

M: Wozu braucht man Pufferabsätze?

B: Pufferabsätze bestehen aus einem speziellen federnden Gummi. Sie dämpfen den harten Fersenaufprall. Günstig bei Arthrosen und Schmerzen im Sprunggelenk, Knie und Hüftgelenk, sowie bei Rückenschmerzen.

 

M: Dein zweites "Feld": Der orthopädische Maßschuh. Wer braucht ihn?

B: Wenn der Fuß nicht in einen normalen Schuh passt, keine Einlage oder Schuhzurichtung möglich ist, dann muss ein spezieller Schuh maßangefertigt werden.

 

M: Was kann die Ursache sein?

B: Hammerzehen, Fehlstellungen, Amputationen von Zehen und einem Teil des Fußes (häufig bei Diabetes), Fehlstellungen bei Polyneuropathie und folgenden Fußmuskellähmungen, etc. .

 

M: Sind diese Schuhe sehr teuer?

B: Sie sind natürlich sehr aufwendig und deshalb auch teuer.

 

M: Wie ist die Vorgangsweise, wenn ich einen orthopädischen Schuh brauche?

B: Man braucht eine ärztliche Diagnose und Verordnung. Diese muss von der Krankenkasse bewilligt werden, und wenn begründet und bewilligt, werden die Kosten zur Gänze von der Krankenkasse übernommen.

 

M: Würdest Du mir zeigen, wie ein orthopädischer Schuh hergestellt wird?

 

 

B: Zuerst braucht es einen Gipsabdruck von den Füßen und dann einen Blaudruck um zu sehen, wo die Belastungen sind:

B: Der Gipsabdruck wird dann ausgegossen und ein Fußabbild entsteht:

B: Auf diesem Modell wird dann der Schuh schrittweise aufgebaut:

B: Wie man erkennen kann eine sehr aufwendige, aber unbedingt lohnende Handarbeit, da diese Schuhe den Menschen mit diesen Fußproblemen wieder ermöglichen einigermaßen zu gehen.

M: Wie schaut das Endprodukt aus?

B: Heute kann man aus Farben und Materialien auswählen:

M: Gratulation!! 

M: Nun eine ganz wichtige Frage für mich: Was ist für Dich ein guter Schuh?

B: Das Wichtigste am Beginn: Ein Schuh muss passen! Und zwar in der Länge und Breite. Eine gewisse Festigkeit ist sehr wichtig und bei Fehlstellungen ein guter Fersenhalt.

Gesunde Füße sind natürlich unproblematischer, aber man sieht an Jugendlichen und Kindern, die ständig sehr weiche Schuhe tragen, dass Fehlstellungen zunehmen. Bei langem Stehen oder Gehen auf hartem Untergrund ist ein Fußbett von großem Vorteil.

 

M: Was hältst Du von "Schlapfen"?

B: Wenn "Schlapfen" nur im Haus getragen werden, wo man ja. nicht so viel geht, ist es durchaus kein Problem. Den ganzen Tag getragen, kann es schon zu Fußschmerzen führen.

 

M: Eine letzte persönliche Frage: Welche Schuhe trägst Du?

B: In der Werkstatt trage ich auch meine "Schlapfen";). Ich habe aber auch zwei Paar von mir maßgefertigte Schuhe in schwarz und braun. Ich trage aber auch ganz "normale" Schuhe.

M: Vielen Dank lieber Bertl für das ausführliche Gespräch:)!!

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Kommentare: 1
  • #1

    Traude (Freitag, 11 November 2022 08:08)

    Ein sehr interssantes Interviev
    Ich hab wieder dazugelernt
    Danke Micharla. �