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Meine Eltern erzählen: Fastenzeit in der Oststeiermark.

Darf ich vorstellen:

 

Meine Eltern, Michaela und Helmut Habersack, geboren noch in den Kriegsjahren, 1944 und 1939, also dieses Jahr unglaubliche 80 und 85 Jahre alt, klettern sie noch immer auf Leitern, sind auf Social Media ;) und meistern aktiv ihren Alltag.

 

Aufgewachsen in kleinen Ortschaften in der Oststeiermark, traditionell und katholisch geprägt, verloren sie beide schon sehr früh jeweils ein Elternteil nach langer Krankheit.

Eine Zeit ohne Sozialversicherung, aber der Glaube und eine Gemeinschaft im Ort gaben Halt.

 

Es ging den meisten Menschen gleich und man musste "zusammenhalten".

Das Leben war sehr einfach, bescheiden und karg. Trotzdem blicken sie positiv darauf zurück, denn es hat sie beeinflusst zu den Menschen zu werden, die sie heute sind.

 

Noch heute leben sie aktiv diese Werte, die ich über ein kleines Interview gerne mit euch teilen möchte:

 

M: Der christliche Glaube war in eurer Kindheit noch ein fixer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Rituale und der Jahresrhythmus vereinte die Menschen. Hat sich das in euren Augen sehr verändert?

 

M+V: Für uns persönlich nicht, da der Glaube noch heute ein fixer Bestandteil unseres Lebens ist. Er gibt Halt und Zuversicht und hat uns durch so manche schwierige Situationen im Leben getragen. Leider erkennt man heute die Traditionen nur mehr an den christlichen Feiertagen, die zwar gerne konsumiert, aber selten mehr bewusst gelebt werden.

 

M: Wann beginnt die Fastenzeit und wie lange dauert sie?

 

M+V: Die Fastenzeit beginnt am Aschermittwoch und endet nach 40 Tagen am Karsamstag. Wir besuchen noch heute die Andacht am Aschermittwoch und erhalten das Aschenkreuz, das an die Vergänglichkeit erinnert.

 

(Anmerkung:

Die Kirche hat im 4. Jahrhundert festgelegt, dass Ostern immer auf den ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach dem Frühlingsanfang fällt. Der 22. März ist damit der früheste Termin, der 25. April der späteste.)

 

M: Vor Weihnachten, die kleine Fastenzeit, wurde die bei euch auch eingehalten?

 

M+V: Früher wurde bei uns die kleine Fastenzeit strikt eingehalten, besonders am 24. gab es erst am Abend etwas zu essen. Heute halten wir sie nicht mehr so ein.

 

M: Wie wurde bei euch gefastet?

 

M+V: In der 40 tägigen Fastenzeit gab es kaum Fleisch, außer Germspeisen auch keine Mehlspeisen. Blieben Faschingskrapfen übrig, wurden diese nicht mehr gegessen. Wir hatten Milch, Eier, Gemüse, Sauerkraut, Erdäpfeln und Bohnen selbst am Hof. Es wurde sehr wenig zugekauft.

Der Speiseplan war sehr einfach: Am Morgen Milch oder Malzkaffee mit Frühstücksniegel (einfacher Germteig), Brot oder Polenta. Zu Mittag Kartoffelsuppe, Einbrennsuppe, Rahmsuppe, Gemüsesuppe, Strudeln, Bohnengulasch oder Germspeise. Das Abendessen bestand aus Milch, saure Milch, Polenta, Grießbrei oder Brot. Es war eine einfache und bescheidene Welt, es war kein "Nichts essen", das wäre bei der körperlich schweren Arbeit auch nicht möglich gewesen. Hungern mussten wir nie. Das Wort "Heilfasten" kannten wir nicht. Es war eine arme, bescheidene, kleine aber trotzdem schöne Welt. Wir kannten niemanden, dem es besser ging und waren zufrieden.

 

M: Gibt es irgendwelche Regeln, die ihr auch heute noch einhaltet?

 

M+V: Am Aschermittwoch und Karfreitag gibt es "Hoarnsterz" (Sterz aus Buchweizenmehl) mit Milchkaffee.

Freitags essen wir kein Fleisch. Am Gründonnerstag Spinat mit Spiegelei und gerösteten Erdäpfeln.

 

M: Und dann am Karsamstag kommt die Osterjause:)

 

M+V: Ja, Ostern war und ist für uns ein Fest! Die Jause mit "Weichfleisch"/Geselchtem, Eiern, Krenn und geweihtem Weißbrot gehört auch heute noch zu unserem Lieblingsessen.

 

(Anmerkung:

Am Karsamstag in der Früh wird vor der Kirche ein Feuer geweiht und Kinder bringen das "Weihfeuer" in einer Büchse mit Zunder (getrockneter Baumschwamm) von Haus zu Haus. Dort sollte das Feuer in den Herd gegeben werden auf dem das Weihfleisch/Geselchte gekocht wird.

In manchen Familien wird diese Suppe noch traditionell zum "Hoarnsterz" gegessen.)

 

M: Wobei... da gibt es ja von Ort zu Ort von Familie zu Familie unterschiedliche Traditionen:

 

M: Bei uns wurde die Osterjause am Sonntag nach der Auferstehungsmesse begangen, mit einer Scheibe Geselchtem, Eiern, die vorher "gepeckt" wurden, Krenn und Weihbrot.

 

V: Bei uns schon am Karsamstag, nach der "Fleischweich" /Fleischweihe. Da wurde ein Haufen mit Schichten von abwechselnd aufgeschnittenem Geselchten, Eiern in Scheiben und Krenn gemacht und in die Mitte vom Tisch gestellt. Alle aßen davon und dazu gab es das traditionelle Weihbrot. Wieder andere machen eine Art Aufschnitt.

 

M: Wir machen jetzt alle 3 Traditionen;).

Liebe Mutti, lieber Vati, Danke für das Weitergeben eurer Erfahrungen und Traditionen!

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Kommentare: 1
  • #1

    Waltraud (Dienstag, 20 Februar 2024 17:21)

    Oh, das erinnert mich so sehr an meine frühe Kindheit ! Wie habe ich diese Traditionen geliebt - und liebe sie noch immer. Das Osterfeuer am Karsamstag, wo man schon von Weitem rundum die großen Feuerhaufen sah. Dann die Kinder mit ihrem "Weihfeuer" in den Büchsen von Haus zu Haus gehend. Die Fleischweihe in der Kirche mit dem speziellen Osterbrot ( das war immer ein helles Brot ) . Ich habe mir immer eingebildet, dass das Geselchte im ganzen Jahr nicht so gut geschmeckt hat wie das geweihte Fleisch. Und wie schön war es, wenn die ganze Familie um den großen Tisch bei meiner Großmutter gesessen ist und die herrliche Osterjause, so wie oben abgebildet, genossen hat. Gerade die christlichen Traditionen im Jahreskreis vermitteln uns ein Gefühl der Stabilität und sind ein wichtiges Fundament für Begegnung und Beziehung. Sie sorgen dafür, dass sich Menschen und Familien näher kommen. Ich bin dankbar für die gelebten Traditionen meiner Kindheit aber genieße sie auch jetzt noch. In meinem inneren Erinnerungsbuch sind die Osterbräuche fest verankert und es macht mir Freude darin zu blättern.